Der Cicor-Standort Wutha-Farnroda unterstützte eine Studentin bei der Organisation eines dreimonatigen Praktikums an unserem Standort in Ho Chi Minh City, Vietnam. Dank dieser standortübergreifenden Zusammenarbeit konnte sie wertvolle Praxiserfahrungen in einem internationalen Umfeld sammeln.
Im Anschluss an das Praktikum hat die Studentin einen Erfahrungsbericht verfasst, den wir nachfolgend gerne mit euch teilen.
Im Rahmen meines Gap Years hatte ich die Möglichkeit, von Anfang Februar bis Ende April 2025 ein Praktikum bei Cicor Vietnam Company Limited zu absolvieren. Das Unternehmen ist auf die Entwicklung und Produktion elektronischer Komponenten spezialisiert. Mein Einsatzort befand sich in Thuan An City, einer industriell geprägten Stadt nahe Ho-Chi-Minh-Stadt.
Tätigkeitsbeschreibung
Mein Hauptaufgabenbereich lag im Englischunterricht für vietnamesische Mitarbeitende. Ich gestaltete individuelle Sprachstunden für Angestellte aus unterschiedlichen Abteilungen, darunter die Produktion, Verwaltung, der Fahrdienst sowie das Ingenieur- und Qualitätssicherungsteam. Dabei war es wichtig, auf das jeweilige Sprachniveau, den beruflichen Hintergrund und die persönlichen Lernziele der Teilnehmenden einzugehen. Ziel war es, praxisnahe Kommunikationskompetenzen zu fördern – zum Beispiel für E-Mail-Konversationen, Telefongespräche oder Meetings. Oft habe ich Übungen wie Beispielkonversationen, Diktate oder Grammatikaufgaben für die Stunden vorbeireitet. Auch Memory Spiele mit Vokabeln verbunden waren Teil von den Stunden. Ich plante meine Stunden eigenständig und passte sie flexibel an die Dynamiken der Abteilungen an. Es gab Mitarbeiter, mit denen ein alltägliches Gespräch von Anfang an möglich war. Allerdings gab es genauso Stunden, in denen sich auch einfache Konversationen schwierig gestaltet haben. Dies wurde mit der Zeit besser und einfacher. Besonders gefreut hat mich das sichtbare Vertrauen, das mir entgegengebracht wurde: Viele Mitarbeitende kamen regelmäßig und mit Begeisterung zu den Sessions, was mich in meiner Arbeit bestätigte.
Leider ist Englisch in Vietnam noch keine weit verbreitete Sprache. In Deutschland ist es für uns selbstverständlich, bereits in der Grundschule Englisch zu lernen. In Vietnam hingegen hat die ältere Generation – wenn überhaupt – erst an der Universität mit dem Englischlernen begonnen. Jüngere Mitarbeitende hingegen haben häufig schon in der Schule damit angefangen, weshalb es mir leichter fiel, mit ihnen in Kontakt zu treten.
Ich hoffe, dass ich einige Mitarbeitende in ihrem Lernprozess unterstützen konnte. Innerhalb von drei Monaten lässt sich das Sprachniveau jedoch nur begrenzt verbessern. Daher würde ich vorschlagen, diese Position dauerhaft zu besetzen. Sicherlich gäbe es viele Mitarbeitende, die dieses Angebot gerne nutzen würden. Sie wären in der Lage, besser mit Kundinnen und Kunden zu kommunizieren, und das Unternehmen könnte sich internationaler aufstellen.
Darüber hinaus wurde ich in IT-bezogene Tätigkeiten eingebunden, insbesondere bei der Datenverarbeitung und -übertragung. Ausserdem durfte ich Poster und Grafiken für interne Kommunikation und Marketingaktionen gestalten – eine kreative Abwechslung, bei der ich meine gestalterischen Fähigkeiten einbringen konnte.
Ein Highlight meines Praktikums war die Teilnahme an Veranstaltungen und externen Besuchen, etwa an der Eastern International University (EIU) sowie der International German School (IGS) in Ho-Chi-Minh-Stadt. Diese Gelegenheiten eröffneten mir nicht nur wertvolle Einblicke in die vietnamesische Bildung, sondern auch spannende Gespräche über kulturelle Unterschiede, Unterrichtskonzepte und internationale Zusammenarbeit.
Cicor Vietnam Company Limited
Der Standort von Cicor in Vietnam wird von Herrn Luat Nguyen als Managing Director geleitet – einem Geschäftsführer, dem das Wohl seiner Mitarbeitenden am Herzen liegt. Durch regelmässige Teambuilding-Veranstaltungen wird der Zusammenhalt im Unternehmen aktiv gefördert und die Fürsorgekultur gestärkt. Die einzelnen Abteilungen arbeiten mit Freude und Engagement zusammen und bilden ein herzliches, kollegiales Team, in das ich offen aufgenommen wurde. Besonders in Erinnerung bleibt mir die grosse Offenheit und Freundlichkeit, mit der mir jede einzelne Person begegnet ist.
Persönliche Entwicklung und interkulturelle Erfahrungen
Für mich persönlich war dieses Praktikum ein bedeutender Meilenstein. Der Alltag in Vietnam war in vielerlei Hinsicht herausfordernd, aber auch unglaublich lehrreich.
Die ersten Wochen waren von einem Kulturschock geprägt: Der Verkehr war chaotisch, die Temperaturen ungewohnt hoch, die Sprache eine grosse Hürde und das Gefühl von Fremdheit von grosser Präsenz. Auch das erste Mal allein in einer Wohnung zu leben, ohne Familie oder enge Freunde in der Nähe, stellte mich emotional auf die Probe.
Ich lernte, auf mich selbst zu vertrauen, mich in neuen Situationen zurechtzufinden und mutig auf Menschen zuzugehen. Durch Gespräche mit Kollegen, Treffen ausserhalb der Arbeit oder Einladungen zum vietnamesischen Kaffee entwickelte sich ein Gefühl der Zugehörigkeit. Ich begann, die vietnamesische Kultur nicht nur zu respektieren, sondern auch zu bewundern – für ihre Wärme, Spontanität und Lebensfreude.
Ein besonders berührender Moment war das vietnamesische Neujahrsfest (Tết), das wichtigste und bedeutendste Fest in Vietnam, welches ich miterleben durfte. Es markiert den Beginn des neuen Jahres nach dem Mondkalender. Während Tết kehren viele Vietnamesen in ihre Heimatdörfer zurück. Es ist eine sehr emotionale, familiäre Zeit, in der man die Vergangenheit ehrt und das neue Jahr willkommen heisst. Mit diesem Fest hat meine Vietnam Erfahrung begonnen. Geendet hat sie mit dem Tag der Wiedervereinigung (Ngày Thống nhất). Der 30. April erinnert an das Jahr 1975, als nordvietnamesische Truppen Saigon einnahmen. Dies markierte das Ende des Vietnamkriegs und die Wiedervereinigung von Nord- und Südvietnam. Es gibt Feuerwerke, Paraden und kulturelle Veranstaltungen. Für viele Vietnamesen ist es auch ein Tag der Reflexion und des Gedenkens – an den Krieg, aber auch an den Neuanfang.
Fazit
Das Praktikum bei Cicor Vietnam war eine bereichernde und prägende Erfahrung, die über das Berufliche hinausging. Ich konnte nicht nur meine sprachlichen, pädagogischen und organisatorischen Fähigkeiten verbessern, sondern auch meine interkulturelle Kompetenz, Selbstständigkeit und emotionale Widerstandsfähigkeit stärken.
Ich verlasse Vietnam mit einem Koffer voller neuer Eindrücke, Erlebnisse und Erkenntnisse – und mit dem Gefühl, ein Stück über mich selbst hinausgewachsen zu sein. Diese Zeit hat mir gezeigt, wie wichtig Offenheit, Anpassungsfähigkeit und der Wille zum Lernen sind – sowohl im Beruf als auch im Leben.
Ich bin sehr dankbar für die Möglichkeit, dieses Praktikum absolvieren zu dürfen, und werde die Zeit in Vietnam noch lange in Erinnerung behalten.